2024 – Söldens stille Seite – Hüttentour Hochstubai

Donnerstag um 5 Uhr morgens fuhren fünf Powders aus Karlsruhe wie gewohnt mit dem Stadtmobil-Bus Richtung Berge. Als der Bus in Sölden ankam, stiegen 7 wieder aus: in Ötztal-Bahnhof hatte die kleine aber feine Gruppe Zuwachs aus München und aus der Schweiz bekommen.
Wohl bekannt bei Skifahrern im Winter, werden Söldens Gondeln im Sommer den Down-Hill-Fahrern zur Verfügung gestellt. Deren Treiben konnte man bei den letzten Vorbereitungen auf den Abmarsch noch etwas zuschauen. Schließlich kehrten die sieben Wanderfreunde dem Trubel auf Söldens Ski- und Down-Hill-Seite dem Rücken und machten sich stattdessen auf in Richtung der stillen Seite, wo drei Hütten auf einer anspruchsvollen viertägigen Wanderung warteten.

Den Anfang machte die Siegerlandhütte. Dazu galt es 1300 hm bei zwar bewölktem Himmel, dafür aber gefühlten 100% Luftfeuchtigkeit zu überwinden. Und die Zeit drängte, denn wer nicht pünktlich um 18 Uhr zum Essen da ist, muss auf der Siegerlandhütte 5€ Strafe zahlen.
Für ein Gruppenmitglied war das wohl motivierend genug, um gleich einmal alle anderen weit abzuhängen. Alleine an der Gabelung zweier möglicher Wege zur Hütte folgte unser Alleingänger dem winzigen Schild. Alle anderen nahmen den Weg, der durch die riesige Schrift ausgewiesen war. Das Ergebnis: der klein ausgeschilderte Weg war wohl der angenehmere…
Am Schluss des ersten Tages durften sich dennoch alle über ein Abendessen ohne Strafzahlung freuen – und darauf die erste Hälfte des zweiten Tages mit nur leichtem Gepäck bestreiten zu dürfen.

Der zweite Tag sah nämlich zunächst die Besteigung des 3055 m hohen Scheiblehnkogels und anschließender Rückkehr zur Siegerlandhütte vor, bevor es dann wieder mit vollem Gepäck zur Hildesheimer Hütte gehen sollte.
Nach dem kurzen, knackigen Anstieg zum Scheiblehnkogel wurde erst einmal die wichtige Frage diskutiert, ob ein Gymnastikball es wohl überleben würde, wenn man ihn vom Gipfel kickt und wo er landen würde. Leider (oder eher zum Glück) hatte niemand einen Gymnastikball dabei. Dafür gab es aber beim Abstieg noch eine kurze Streicheleinheit mit Schafen, so wie freiwillige Rutschpartien auf Schneeresten, die je nach Gusto stehend oder sitzend vollzogen wurden. Wieder zurück auf der Siegerlandhütte ließ man es sich erst einmal mit Kaiserschmarrn und Kaltgetränk gutgehen, bevor die schweren Rucksäcke für den Übergang zur Hildesheimer Hütte geschultert wurden.

Nach einem extrem steilen Aufstieg freute sich die Truppe am Gamsplatzl erst einmal über den Blick auf die nahe Hütte. Diese weilte aber nicht lange, als klar wurde, dass der Schein trügte und man erst noch einmal bis weit unter die Hütte absteigen musste.
Endlich auf der Hildesheimer Hütte angekommen, freuten sich schon alle auf das Abendessen – und sie wurden nicht enttäuscht: manche aßen sich bereits an der leckeren Suppe schon satt, während andere einen Nachschlag der köstlichen Älplermagronen nahmen.
Vor dem Schlafen gehen musste nun erst einmal das Material diskutiert werden: leiht man sich von der Hütte Grödel für die Gletscherquerung auf dem Weg zur Hochstubaihütte oder nicht. Diverse Varianten wurden diskutiert, darunter auch das Grödelshuttle oder der nicht ganz ernst gemeinte Vorschlag, dass doch ein Grödel pro Person reiche.

Die Diskussion war selbst nach dem Frühstück am nächsten Morgen noch nicht abgeschlossen. Letztendlich hatte beim Aufbruch doch jeder ein Paar Grödel im oder am Rucksack. Damit konnte nun auch jeder entspannt über den Gletscher wandern. So entspannt, dass dabei eine komplette Tüte voll Müll, den die Skifahrer im Winter zurückgelassen haben, gesammelt wurde und so manches Souvenir wie ein Tellerliftteller.

An der Bergstation der Schaufeljochbahn erlitten die sieben Powders einen kurzen Kulturschock, der jedoch schnell wieder überwunden war, als die zweite Gletscherquerung anstand. Obwohl spaltenfrei, so spaltete der Gletscher doch die Gruppe: eine Hälfte wählte den direkten, steilen Weg den Gletscher hinab, die andere eine flache Querung gefolgt von einem schönen Steig durch die Felsen. In der darauffolgenden Scharte wurde sich wiedergetroffen und erst einmal Vesper gemacht.

Der folgende Weg wurde voller Vorfreude in Angriff genommen. In den Hang gehackt wurde der fabelhafte Abschnitt von einem der mitwandernden Powders. Weiter ging es erst einmal bergab zu einem Gebirgsbach, der dazu einlud, die Füße ins Wasser zu halten. Manche genossen das kühle Nass länger als andere und so zersplitterte die Gruppe endgültig. Im weiteren Verlauf wurden erst grüne Berghänge gequert und zu einem idyllischen See aufgestiegen, an dem nun der lange, steile und finale Anstieg des Tages über die Himmelsleiter begann. In dem ein oder anderen stiegen zwischendurch Zweifel auf, ob sie dieser Herausforderung noch gewachsen sind. Letztendlich durfte aber doch jeder das Glücksgefühl erleben, wenn man oben ankommt und in wenigen Metern Entfernung plötzlich die Hütte auftauchte.
Doch für die meisten gab es ein anderes Objekt, das eine noch stärkere Anziehung als die Hütte aufwies und all die Strapazen der Himmelsleiter vergessen lies: das Gipfelkreuz des Hohen Nebelkogels, das zum Greifen nah schien. Das unverhoffte Gipfelglück auf dem mit 3215 m höchsten Punkt der viertägigen Tour wurde auf die unterschiedlichsten Arten ausgelebt: die einen nutzten den einsamen Gipfel für eine kurze Yoga-Einheit vor atemberaubender Bergkulisse, die anderen veranstalten ein Fotoshooting für ihr nächstes Tinder-Profilbild.

Endlich auf der Hütte angekommen, wurden alle wieder in die Realität zurückgeholt: es gab kein vegetarisches Essen mehr, kein fließend Wasser und weil Teil der Belegschaft der Hildesheimer Hütte mit Magen-Darm im Bett lag, wurde der Gruppe erst einmal Desinfektionsmittel in die Hand gedrückt und ein Tisch fern ab von allen anderen Gästen zugeteilt. Nach einem herrlichen Sonnenuntergang und einer Runde Zirbenschnaps war das aber auch schon wieder vergessen.

Um nicht 1800 hm absteigen zu müssen, beschloss die Gruppe am letzten Tag nur bis zur Kleblealm abzusteigen und von dort das Hüttentaxi zu nehmen. Auf dem Weg zur Alm nutzten zwei Powders noch einmal die Gelegenheit um in einem See eine Runde zu schwimmen. Danach wurde der Weg deutlich einfacher und die Gruppe, abzüglich eines Vorauseilenden, vertrieb sich die Zeit mit einer Runde „Ich packe meinen Koffer“. Dabei lernte man von Köstlichkeiten wie der Aperolpizza, von wichtigen Utensilien wie dem Gletscherschminkspiegel und die Geschichte vom Augustkäfer und dem Krokowurm, die mit dem Zipfelbob zur Cappuccino-Alm fahren.
Cappuccino, Apfelstrudel, Kaspressknödelsuppe und andere Köstlichkeiten gab es dann auch auf der Kleblealm. So gestärkt – und abgeschreckt von den Preisen des Hüttentaxis – wurde kurzer Hand doch noch der volle Abstieg nach Sölden per pedes beschritten. So fuhren dann 7 Powders mental gut erholt, teilweise körperlich erschöpft und mit schmerzenden Knien wieder aus Sölden ab. Als das stadtmobil zurück in Karlsruhe ankam, stiegen 5 wieder aus.

PS: Das packen 7 Powders in ihren Koffer:
Großer Stein mit Markierung, Schaf, Tellerliftteller, Yogamatte, Kleiner Stein ohne Markierung, Eiscrushmaschine, Aperol-Pizza, Helikopter, Gleitschirm, Müllwagen, Tasse Obst, Sonnenbrille für 7 Powders, Glitzergletscherschminkspiegel, Murmeltier, Eiskaffee, Musikbox, Schweinshaxe, Zirbenschnapsbaum, gerissener Schnürsenkel, Schäfchenwolke, Abseilgerät, Kette aus Müll mit 7 Verlobungsringen, Sombrero für 7 Powders, Gott zum Grüßen, DAV-Ausweis, Augustkäfer, Zipfelbob, Krokowurm, Gackelwack, Cappuccino-Alm, kein Portemonnaie

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