2020 – Rock die Hütte Chamonix
Sonntagabend Mitte März. Die letzten Powdies trudeln gerade pünktlich zum Abendessen auf der Hütte ein. Der Parkplatz vorm Haus ist voll geparkt und irgendjemand Mutiges hat sein Auto auf die gefährlich steile Schotter Garageneinfahrt gestellt, in der Hoffnung da noch wieder raus zu kommen. Beim und nach dem Essen werden wilde Pläne für die Woche geschmiedet und alle sind motiviert die kommenden Tage ordentlich Gas zu geben.
Die Vorhersage für die Woche ist vielversprechend und so geht es am Montag erstmal mit frischem Neuschnee in die Domaine de Balme/Vallorcine powdern mit Liftunterstützung. Dort lernen wir, dass nur weil bereits Spuren unter der Gondel lang führen, es noch lange keine gute Abfahrt ist. Aber ein bisschen Abenteuer muss ja auch sein und wir haben, nach ein bisschen Streckensuche im Wald, alle Beteiligten heile nach unten gebracht.
Am Tag drauf ist es, wie für Frankreich in diesem Winter am Tag nach Neuschnee üblich, zu warm und die Schneebedingungen eher begrenzt einladend. So gibt es dann mehrere unterschiedlich stark motivierte Gruppen, die gemeinsam was unternehmen. Die einen bleiben auf der Hütte, um den Whirlpool mal intensiver zu testen, während andere Grüppchen kleinere bis große Touren im Wald gehen und wieder andere versuchen sich am Eisklettern, welches dann doch zum Dry-Tooling wird, weil es bei den Temperaturen einfach kein Eis gibt. Als Vorbereitung auf das Highlight der Woche am nächsten Tag will sich dann auch keiner so richtig stark verausgaben. So wird der Pool zum Entspannen im Laufe des Abends immer beliebter.
Am Mittwoch haben wir für uns alle die zweite und dritte Gondel rauf auf die Aiguille du Midi gebucht. Vorbildlich um halb Acht stehen wir an der Talstation und werden um eine Stunde vertröstet. Über Nacht war es wieder kälter geworden und wie es das Glück so wollte bekamen wir noch frischen Pow beschert. Von diesem musste die Bergstation aber zunächst befreit werden, bis wir dann rauf durften. Gegen 10 schaffen wir es uns zur Abfahrt einzufinden, nachdem wir alle oben angekommen sind und den beeindruckenden Ausblick auf den Mt. Blanc direkt neben uns bewundert haben.
Für die Abfahrt fängt sich unsere Gruppe an aufzuteilen. Ein paar hatten Bock die Abfahrt zweimal zu machen und so sind sie direkt los, mehr oder weniger ohne Pause, bis zum Lift am Ende des Gletschers. Der Rest ist motivierter das Panorama auch nochmal bei ein bis zwei kleineren Aufstiegen intensiver zu genießen. Die Chance sich länger in einer der schönsten und imposantesten Skiabfahrten aufzuhalten und dabei noch ein paar fast First-Tracks zu legen sollte man sich bei der Gelegenheit nicht nehmen lassen. So schafft es dann die motivierteste Gruppe noch um Haaresbreite mit dem letzten Lift gen Tal.
An dieser Stelle sollte noch kurz angemerkt werden, dass der wahrscheinlich anstrengendste Teil des Tages die Treppen rauf zum Lift waren, der uns zur Zahnradbahn ins Tal führt. Die Treppe führt von der Kante der Gletscherzunge hinauf und muss ständig erweitert werden. Es ist dann auch echt schockierend, wenn man in 5m Höhe über dem Gletscher steht und dann die Plakette sieht, dass der Gletscher vor 3 Jahren noch bis hier hin ging.
Zur Feier des Tages gehen wir abends, nach kurzer Erholung im Pool, mit ausgelassener Stimmung Burger essen im Ort.
Frisch erholt ist es am Donnerstag klassischerweise wieder zu warm und so teilt sich die Truppe wieder in viele kleine Gruppen auf. Die einen bleiben auf der Hütte und genießen einen Ruhetag im Pool, andere finden auf einer Slushtour am Gipfel noch einen geschmückten Weihnachtsbaum und wieder andere gehen maximal viele Höhenmeter am Berg hinterm Haus. Wie immer ist für jeden was dabei und die Umgebung von Chamonix bietet auf jeden Fall genügend Möglichkeiten Herzen höher schlagen zu lassen.
Freitag schaffen wir es wieder gemeinsam etwas zu unternehmen und so geht es auf die Aiguille des Grands Montets. Der Lift hilft uns die ersten Höhenmeter zu überwinden und wir müssen nur die letzten Meter zur ehemaligen Bergstation selber gehen, um uns den Blick auf den Mt. Blanc (etwas weiter weg als zwei Tage zuvor, aber dafür nicht weniger imposant) zu erarbeiten.
Auf dem Weg nach unten gehen wir noch einmal ein Stück den Glacier d’Argentière hinauf. Auch wieder ein überwältigender Anblick, jedoch heftig zu hören, wenn Powdies erzählen, wie der Gletscher vor ein paar Jahren noch aussah. Gen Tal gehts dann wieder in feinstem Slush und danach erstmal in den Pool zum Entspannen.
Zum Abschluss gehts am Samstag zu den Aiguilles Rouges, die zum Glück noch ausreichend weiß sind und von den Powdies erkundet werden wollen. Eine kleine Gruppe wagt sich dann auch ans Steep Skiing im Col de Belvédère und wird nach dem Powder-Steilstück mit einer brettharten Regenrinnenabfahrt belohnt. Gelohnt hat es sich trotzdem.
Ansonsten war die Atmosphäre, wie für Powder Party typisch, super. Es gab, wie es sich gehört, reichlich selbstgekochtes Essen, so dass niemand Angst haben musste aus Versehen abzunehmen. Die Hütte war ziemlich Premium inkl. Terrasse und sehr beliebtemn Whirlpool. So ließ es sich gut aushalten.
Man kann sich aktuell kaum dran erinnern, aber mit Beginn der Tour war Corona gerade noch in der Anfangsphase und wurde im Laufe der Woche zu einem immer größeren Thema. Die Stimmung ließen wir uns dadurch nicht versauen und das Timing hätte viel knapper nicht sein können. Unser letzter Tourentag sollte auch der letzte Tag mit geöffneten Liften in Frankreich werden. Und so reisten wir am Sonntagmorgen alle ab, nicht wirklich wissend wie es mit dem Thema weiter gehen sollte. Ab dem darauffolgenden Mittwoch hieß es dann für Frankreich kompletter Lockdown. Spätestens dann wäre es endgültig vorbei gewesen mit Bergtouren.